Der DVLV e.V. war gemeinsam mit einigen Mitgliedsfirmen auf der diesjährigen Fachmesse “acoustex”, die am 01. und 02. Oktober 2019 in dem nagelneuen Eingangsbereich Nord der Dortmunder Westfalenhalle stattfand, vertreten.
Der Geschäftsführer des DVLV, Herr Dipl.-Ing. Johannink, hat in der Pressekonferenz den Messestart mit einem Zitat von Wilhelm Busch begonnen: Musik wird oft nicht schön gefunden, weil sie stets mit Geräusch verbunden… Alle weiteren Statements des DVLV können hier heruntergeladen werden: Statements-des-DVLV-e.V.-Pressekonferenz-Acoustex-2019.pdf (439 Downloads )
Am ersten Messetag fand unter der Leitung des Fachgremiensprechers des DVLV, Dipl.-Ing. Dirk Schäfer, die 20. Sitzung unseres Fachgremiums Straße im öffentlichen Forum „Traffic“ statt. 5 Referenten gaben einen Einblick in ihr Schaffen und gewährten den Teilnehmern einen Ausblick in die Zukunft.
So hat Herr Jäcker-Cüppers vom Arbeitsring Lärm der „Deutschen Gesellschaft für Akustik“ (DEGA) und deren Aufgaben berichtet und über Potenziale, Risiken und Hemmnisse auf dem Weg zur Silent City gesprochen. Verkehrslärm ist die als größte empfundene Belästigung der städtischen Bewohner. Nach seiner Meinung werden darum die großen Kommunen innerorts für den individuellen Verkehr zukünftig gesperrt. Bereits heute werden ganze Straßenzüge zu grünen Wegen umgebaut und der Verkehr zunehmend elektrifiziert.
Auch Herr Dipl.-Ing. (FH) Frank Treiber vom Ingenieurbüro Treiber Umweltconsulting hat die Feststellungen von Herrn Jäcker-Cüppers aufgegriffen und zudem festgestellt, dass trotz aller Bemühungen an Verkehrsmitteln und Untergründen nicht auf Lärmschirme verzichtet werden kann. Da die Bürger Lärmschutzwände am liebsten nicht wahrnehmen möchten, sollten sie transparent sein. Dieses hat leider die negative Folge, dass sie den Schall reflektieren und es dadurch auf der transparenten Wand gegenüberliegende Seite lauter wird. Deshalb hat man absorbierende Systeme entwickelt. Hier hat Herr Treiber – auch für Laien verständlich – die akustischen Wirkungen reflektierender und absorbierender Materialien anhand von anschaulichen Grafiken dargestellt. Er hob hervor, dass man transparente Systeme auch mit absorbierenden Systemen kombinieren könnte. Mit seinem Referatsthema „Profane Lärmschutzwand oder moderne multifunktionale Klimaschutzwand“ zeigte Herr Treiber Möglichkeiten auf, wie man durch intelligente Kombination konventionelle Lärmschutzwände mit Photovoltaikelemente ausstatten kann und welche Beispiele und Erfahrungen es hierzu bereits in der Praxis gibt. Beispielsweise ist eine derartige Wand in der Lage ein ganzes Neubaugebiet, Industriebetriebe oder Schulen mit Energie zu versorgen. Die zusätzlichen Investitionen würden den finanziellen Mehraufwand bei der Erstellung abdecken können.
Als abschließendes Highlight präsentierte Treiber, dass durch geschickte technische Vorkehrungen Lärmschutzwände auch zur Luftverbesserung und damit auch zum Klimaschutz herangezogen werden könnten.
Dipl.-Ing. Heiko Adams von Dillig Ingenieure erklärt in seinem Vortrag „BIM (Building Information Modeling) im Lärmschutzbau – Utopie oder Wirklichkeit?“ anhand eines Beispiels wie eine Lärmschutzwand „fünfdimensional“ geplant wird. Grundsätzlich muss eine dreidimensionale Wand im örtlich eingescannten Gelände konstruiert werden. Die einzelnen Bauteile werden dann mit Materialkennwerten (vierte Dimension) sowie Positionsnummern und Kosten (fünfte Dimension) versehen. Daraus können z.B. Stücklisten und Abrechnungen generiert werden. Die Produkthersteller stellen den Planern ihre fertigkonstruierten Bauteile zur Verfügung, die dann vom Lärmschutzplaner als Modul weiterverarbeitet werden können. Damit kann auch letztendlich das Bauwerk als solches in seinem Bestand detaillierter als je zuvor dokumentiert werden.
Derzeit gibt es jedoch noch keine Software die alle notwendigen Details, insbesondere für Linienbauwerke wie Lärmschutzwände, voll umfänglich abdeckt. Deswegen ist der Weg in Sachen BIM bei der Erstellung von Lärmschutzwänden noch am Anfang. Der DVLV e. V. hat hierzu eigens einen Arbeitskreis gemeinsam mit der Deutschen Bahn ins Leben gerufen um gemeinsam fundierte und praxisnahe Lösungen bei der Umsetzung zu erarbeiten.
Mit den komplexen Themen rund um die „Entstehung und Veränderung von Normen und Vorschriften und deren Auswirkungen auf die technischen und wirtschaftlichen Ausführungen von Lärmschutzwänden an Straßen“ hat sich Dipl.-Ing. Volker Claus Falk im Auftrag der Fa. Kohlhauer intensiv auseinandergesetzt. Herr Falk ist Mitglied des Arbeitskreises ZTV-Lsw sowie im Spiegelausschuss des CEN.
Zunächst hat er die vielen unterschiedlichen Arten der Regelwerke, wie zum Beispiel Eurocodes, Europäische und Nationale Normen, Richtlinien, Vorschriften etc. aufgezeigt und deren Zusammenhänge erläutert. Er machte zudem klar wie kompliziert und auch zum Teil unüberschaubar es sei, die in einem Bauvertrag gültigen und heranzuziehenden Normen für die Umsetzung herauszufinden. Denn wenn man beispielsweise die ZTV-Lsw vertraglich vereinbart, gelten automatisch die darin genannten Normen und Richtlinien mit.
Der Werdegang von einer meistens zeitintensiven Ratifizierung einer Vorschrift, die nicht selten durch mehrere Institutionen geht und immer wieder gekippt werden könne, macht die Entwicklung einer Normung zu einem langwierigen und manchmal nicht enden wollenden Prozess. Er hat dieses in einzigartiger Weise sehr plastisch in tabellarischer Form für die wichtigsten und gebräuchlichsten Normen im Lärmschutzbau aufgezeigt.
Er hofft das die für die Lärmschutzbranche so wichtige neue ZTV-Lsw bis zum Jahresende 2020 veröffentlicht wird, bemerkt aber dazu, dass sowohl die BAST wie auch das BMVI dieser noch zustimmen muss.
Er richtete an alle Anwesenden den Appell sich aktiv bei der Erstellung von Normen und Richtlinien zu beteiligen. Dieses kann jeder Bürger tun!
Zum Abschluss des ersten Messetages im Forum Traffic hat Herr Dipl.-Ing. Dirk Schäfer die Aufgaben und Ziele der beiden Fachgremien „Bahn“ und „Straße“ im DVLV vorgestellt. Anders als das „Fachgremium Bahn“ hat das „Fachgremium Straße“ aufgrund der noch dezentralen Organisation mit vielen unterschiedlichen Behörden und Institutionen zu tun. Allerdings ist Herr Schäfer für den DVLV zwischenzeitig beisitzendes Mitglied im Arbeitskreis ZTV-Lsw und in der FGSV bei der Mitgestaltung vom Standardleistungskatalogen. Ziel ist es zukünftig auch bei der Erarbeitung von Richtzeichnungen mitwirken zu dürfen.
Zudem hat Herr Schäfer hat die Empfehlungen des DVLV zum Bau von Lärmschutzwänden vorgestellt und erläutert die Unterschiede zu den derzeitigen Richtzeichnungen der BAST. Der DVLV möchte mit diesen Empfehlungen die Richtzeichnungen nicht ersetzen, sondern lediglich ergänzen und die Verfasser auf mögliche Verbesserungen hinweisen.
Am zweiten Messetag hat Herrn Ottmar Schielke von der Firma Franken Schotter, einen Vortrag zum Thema „Lärmschutzwände aus Steinkorbmodulen – Konstruktionsgrundlagen und Regelwerk“ gehalten.
Fazit nach zwei Messetagen:
Die professionelle Organisation und Abwicklung sowie die fantastische Atmosphäre in der neuen Messehalle boten eine hervorragende Basis für unsere Kundenkontakte. Die Forenveranstaltungen waren inhaltlich nicht nur hervorragend, sondern haben zudem „akustische“ Ausblicke in die Zukunft gewährt.
Johannink
09.10.19